Online Poker: Gewinner verlieren am meisten
Dieser Titel tönt sehr provokant, ist aber die Quintessenz einer Studie, die Kyle Siler von der Conrell University kürzlich publiziert hat. Der Soziologe analysierte dabei 27 Millionen online gespielte Hände der Texas Hold’em Variante No Limit Cash Game Shorthanded. Die Pokerhände entstammen also einer Datenbank von Echtgeldspielen von online Pokeranbietern, die an Tischen mit maximal 6 Spielern gespielt wurden.
Dabei fand er folgendes heraus:
Je mehr Hände ein Spieler gewinnt, desto mehr Geld verliert er.
Nach meinem Verständnis und nach Durchsicht einiger zur Studie verfassten Artikel ist dieser Schluss fast tivial: Viele schlechte Spieler und Anfänger spielen zu viele Hände am Pokertisch. Statt wie bei einem 6max-Tisch 15-25% der Hände zu spielen, pokern sie bei vielleicht 50% aller Hände mit. Kein Wunder gewinnen sie dadurch am meisten Hände am Tisch. Weil sie aber zu viele Hände spielen, verlieren sie prozentual gesehen auch häufig. Was noch dazukommt, und das ist auch ausserhalb der Pokerwelt interessant, ist dass Menschen kleine, häufige Gewinne stärker gewichten als seltene, aber sehr grosse Verluste.
Schlechte Spieler gewinnen also viele kleine Pötte, verlieren aber dann die grossen Pötte, was in der Summe zu einem Verlust führt. Dieses psychologische Denkmuster findet auch anderswo Anwendung: Kleinanleger im Aktienmarkt, zu schnell fahrende Autofahrer oder Ehebrecher verhalten sich auch so. Sie freuen sich an den „kleinen Gewinnen“ (gestiegener Aktienkurs, schnellere Autofahrt, aussereheliches Vergnügen), müssen dann aber auch die seltener eintretenden grossen oder fatalen Verluste (Verlust Ersparnisse, Autounfall oder Busse, Scheidung) tragen.
Für schlechte Spieler sind tiefe Paare profitabler als mittlere Paare.
Die Analyse von Siler ergab weiter, dass schlechte Spieler mit tiefen Paaren (22 bis 77) mehr Geld verdienten als mit mittleren Paaren (88-JJ). Er erklärt das damit, dass schlechte Spieler den Wert von mittleren Paaren schlecht einschätzen können. Ein tiefes Paar wird entweder am Flop zum Set oder kann gefoldet werden. Verlierer beurteilen aber offenbar mittlere Paare als zu stark, um sie noch folden zu können, selbst wenn eine oder mehrere Overcards auf dem Board sind.
Die Studie „Social and Psychological Challenges of Poker“ von Kyle Siler kann hier gekauft werden.
Datenbank mit online Pokerhänden (Handhistory) kaufen
Siler hat die 27 Millionen Pokerhände beim Anbieter HandHQ erhalten. HandHQ betreibt exzessives Datamining und verkauft „geminte“ Hände. Für 100 Euro erhält man beispielsweise über 5 Millionen Hände, die man dann mit seiner Trackersoftware (Poker Tracker 2, Poker Tracker 3 oder Holdem Manager) einlesen kann. HandHQ bietet u.a. geminte Hände von PokerStars, Full Tilt Poker, PartyPoker, Ongame Netzwerk (Betsson, BWIN u.a.), iPoker (Mansion Poker, Titan Poker u.a.) an.
Ich hasse Dataminer die ungefragt meine HH für Geld an jeden verkaufen, der noch nie gegen mich gespielt hat aber viele Erkenntnisse darraus ziehen kann.Das ist unfair und fragwürdig!