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Winner’s Curse – Poker und der Fluch des Gewinnens

Lieber Blogleser – ich sehe selbst ein, dass ich mich immer weiter vom ursprünglichen Thema meines Blogs – professionell Poker spielen – entferne (siehe den letzten Blog-Beitrag zu Affiliate Programmen) Aber so ergeht es mir eben auch in meinem Leben: Poker nimmt eine immer kleinere Bedeutung in meinem Leben ein. Ich pokere nun seit über drei Jahren, und in den ersten zwei dieser drei Jahre habe ich mich geschätzte 2000 (ja, zweitausend) Stunden mit dem Thema Poker beschäftigt. Nicht nur mit spielen, bei weitem nicht. Gespielt habe ich maximal die Hälfte der Zeit. Aber ich war in diversen Poker Foren aktiv (vor allem auf der deutschen Seite von Pokerstrategy, wo ich weit über 1000 eigene Posts veröffentlicht habe), habe aber auch weit über ein Dutzend Pokerbücher gelesen (einige davon mehrmals) und ich habe auch tausende von Text-Seiten von guten Pokerstrategie-Webseiten ausgedruckt und gelesen. Aber in diesem Jahr 2010 habe ich mich mehr und mehr weg von Poker bewegt – einfach weil mir die Zeit dazu fehlte respektive weil ich meine Zeit – auch abends oder am Wochenende – lieber in den Aufbau von Webseiten gesteckt habe als ins online grinden.

Nicht, dass ich mich beklagen will, aber wenn ich dann doch mal Poker spiele, holt mich der Winner’s Curse ein…

Winner’s Curse – der Fluch des Gewinnens beim Poker

Den Begriff „Winner’s Curse“ habe ich fürs Pokern etwas zweckentfremdet. Eigentlich entstammt der Begriff „Winner’s Curse“ aus Analysen zum Thema Auktionen: Bei vielen Auktionen ist es so, dass der Gewinner der Auktion einen zu hohen Preis bezahlt hat. Er gewinnt zwar die Auktion, ist aber mit einem bösen „Fluch“ belastet: Er hat einen (zu) hohen Preis bezahlt, um die Auktion zu gewinnen.

Ihr erinnert euch vielleicht an die Versteigerung der UMTS-Lizenzen in Deutschland im Jahr 2000. Genau das ist dort eingetroffen: Es waren sehr viele Bieter, doch es gab nur 6 Lizenzen. Im allgemeinen Goldrausch haben dann die sechs Gewinner viel zu viel für die UMTS-Lizenzen bezahlt – es dauerte nicht lange und zwei der Gewinner (Hutchinson 3G/Telefonica und Mobilcom/France Telecom) gaben die für je rund 16 Mrd. DM gekaufte Lizenz ungenutzt zurück.

Und mir ergeht es beim Pokern ähnlich: Die letzten drei Sit and Go-Sessions – die ersten nach einem längeren Unterbruch – war ich massiv im Plus. In der dritten Session mit 13 gespielten SNG’s erzielte ich sogar einen ROI von über 100% – kein Wunder, kam ich doch bei 9 von 13 10-Mann Turnieren ins Geld. Und das war – und ist – jetzt mein Problem: So gut kann es in der nächsten Session gar nicht mehr laufen. Um in 9 von 13 Turnieren einen bezahlten Platz zu erreichen, benötigt man nicht nur Können, sondern vor allem viel Glück. Und deswegen mein Dilemma, mein „Fluch des Gewinns“, der auf mir lastet: Da die nächste Session eh nicht mehr so gut laufen wird, lasse ich das Pokern lieber für eine Weile sein, um in der nächsten Session nicht enttäuscht zu werden, und warte den Moment ab, in dem ich mal wieder richtig Lust auf ein Set habe… und keine Angst, der Moment kommt wieder!





Poker Tags: Winners curse

Der Poker Profi geht fremd: Poker vs Casino #2

Im ersten Teil dieser Serie habe ich geschaut, was beliebter ist, Poker oder Casino? Diesen Teil hier widme ich der „Varianz“. Obwohl Varianz eigentlich die mathematische Berechnung der Streuung einer Zufallsvariable um ihren Erwartungswert ist, so verstehen Pokerspieler darunter doch etwas anderes: Schwankungen der Ergebnisse, insbesondere eine unerwartete Anhäufung von Verlusten.

Und um Verluste geht es auch beim beliebtesten Casino-Spiel, bei Roulette. Schliesslich spielt man gegen die Spielbank, und was der eine (der Spieler) verliert, gewinnt der andere (die Bank). Dabei ist Roulette ein recht faires Spiel: Der Vorteil der Bank liegt bei nur 1/37, wenn man auf die einfachen Chance wie rot, schwarz, gerade oder ungerade setzt.

Wenn Du die Roulette-Regeln nicht kennst: Bei Roulette gibt es 37 Felder mit den Zahlen von 1-36 (davon ist die Hälfte schwarz, die andere Hälfte rot) sowie einer grünen „0“. Setzt Du 10$ auf rot und fällt die Kugel auf eine rote Zahl, dann gewinnst Du 10$ (Du erhältst also 20$ zurück). Fällt die Kugel auf eine schwarze Zahl, dann ist Dein Einsatz weg. In einem von 37 Fällen fällt die Kugel auf die Null, in diesem Fall verlierst Du Deinen Einsatz, wenn Du auf eine einfache Chance gesetzt hast.

Varianz bei Poker

Ich habe auf meiner Poker Strategie Webseite ausführliche Analysen zur Varianz bei Poker (Sit and Go-Turniere und Heads-Up/Double or Nothing) veröffentlicht. Schauen wir uns deswegen die Resultate der Simulationen zur Varianz beim Glücksspiel Roulette an.

Varianz bei Roulette

Ich habe ein paar Simulationen zur Varianz bei Roulette laufen lassen. Dabei war die Ausgangslage immer dieselbe: Ein Spieler setzt 10$ auf eine einfache Chance (es ist egal ob das rot, schwarz, gerade Zahl oder ungerade Zahl ist). In 18 von 37 Fällen gewinnt er, in 19 von 37 Fällen verliert er. Sein Erwartungswert in Prozent des Einsatzes, sein ROI, beträgt also -1/37= -2.7%. Das ist übrigens deutlich besser als der ROI eines durchschnittlichen SNG-Spielers: Bei einem Rake von 10% beträgt dessen ROI -9.1%!

Bei einem Einsatz von 10$ verliert unser Roulette-Spieler also durchschnittlich 2.7% seines Einsatzes pro Runde, eine Teilnahme kostet ihn also 0.27$. Bei 1000 Roulette-Runden wären das also 270$ Verlust. Ich habe nun 10‘000 Simulationen laufen lassen, bei denen ein Spieler jeweils 1‘000 Einsätze tätigt. Im Schnitt macht er die errechneten 270$ Verlust. Im besten der 10‘000 Fälle hätte der Spieler aber auch fast 1‘000$ Gewinn (10% ROI) machen können. Und im schlechtesten Fall fast 1‘500$ Verlust (-15% ROI).

Wie sieht die Wahrscheinlichkeitsverteilung bei Roulette aus? Bei 100 und 500 Einsätzen ergibt sich folgendes Bild:

Du siehst dass die Kurve selbst bei 500 Spielen noch sehr breit ist – im Sinne von „alles ist möglich“. Die Standardabweichungen (Quadratwurzel der Varianz) sehen wie folgt aus:

Lesebeispiel: Wenn ein Spieler 1‘000 mal auf rot setzt, dann sein ROI im Durchschnitt bei minus 2.7% liegen. Die Standardabweichung bei 1‘000 Spielen beträgt 3.2%. In 68% der Fälle, in denen er 1‘000 mal hintereinander spielt, wird er also einen ROI zwischen minus 5.9% und plus 0.4% erzielen. Daraus folgert sich, dass er in etwa einem Sechstel aller Durchgänge à 1‘000 Spiele sogar ein Plus verzeichnen wird. Und wer setzt schon 1‘000 mal im Roulette? An einem Abend schafft man vielleicht 100 Einsätze (grob geschätzt, hier hab ich keine Ahnung).

Was sagt uns das? Die Varianz beim Roulette ist gross. Es ist halt ein ziemlich faires Glücksspiel, bei dem man im Schnitt nur 2.7% seines Einsatzes verliert, wenn man auf die einfachen Chancen setzt. Das ist trügerisch: Es gibt dann Leute, die an einem Abend „Glück“ hatten (was sehr wohl möglich ist) und dann meinen, eine „Glückssträhne“ zu haben oder ein „Roulette-System“ entwickelt zu haben. Alles Schwachsinn natürlich – sie haben halt nur mal die positive Seite der Varianz erlebt!





Poker Tags: varianz

Downswings

Ich habe eben meinen bisher längsten Artikel auf www.sngpokerstrategie.com veröffentlicht: Er handelt vom Thema „Umgang mit Downswings„. Was viele Leute nicht begreifen ist, dass man von einem Downswing nur sprechen sollte, wenn man selbst ein Winning Player ist. Nun ist es aber so, dass bei SnG’s die Varianz sehr gross sein kann. Das führt nicht nur zu üblen Downswings, sondern führt auch dazu, dass die eigene Sample Size bei SnG’s sehr gross sein muss, bevor man sich überhaupt einigermassen sicher sein kann, ob man überhaupt ein Winning Player ist.

Aber gehen wir nun mal davon aus, dass wir alle Winning Players sind. Schliesslich setzen wir uns ja mit dem Thema Poker sehr intensiv auseinander – wir finden ja nebst dem Spielen, dem Analysieren des eigenen Spiels und der Weiterbildung (Bücher, Videos, Coachings) sogar noch Zeit, Einträge in Poker Blogs zu lesen ;-)

Ich hab selbst in zwei Jahren online Poker einmal ein grösseres Downswing von minus 40 Buy-Ins erlebt. Und während über 2 Monaten war ich in über 1000 gespielten SnG’s nur break-even – dies bei einem langfristigen ROI von 10%. Das war eine recht frustrierende Zeit. Sicher habe ich in der Zeit nicht optimal gespielt – lustig war es dennoch nicht. Ich habe deswegen im oben erwähnten Artikel 14 Tipps und Ratschläge niedergeschrieben, wie man am Besten mit einem Downswing umgeht.

Und eigentlich habe ich noch einen Tipp vergessen, und das ist ein sehr elementarer: „Sample Size erhöhen“. Denn wenn man nicht tausende von SnGs gespielt hat, kann man nicht von sich behaupten, ein Winning Player zu sein. Und wenn man sich sicher ist, ein Winning Player zu sein, dann hilft nur eines, um der Varianz ein Schnippchen zu schlagen: Die Sample Size zu erhöhen.

In dem Sinne: Ab an die Tische!